Corona-Pandemie: Vulnerable Gruppen in den Medien

Corona-Pandemie: Vulnerable Gruppen in den Medien

Die Corona-Pandemie bewegt momentan die gesamte Welt. Die Medien berichten täglich in einem immensen Umfang, um die Menschen zu informieren, zu schützen und vorzubereiten. Aber nicht jeder Mensch ist gleich betroffen, vulnerable Gruppen sind durch die Pandemie und ihre Folgen in einer besonders kritischen Situation. Wie gehen die Medien mit ihnen um, und wie wäre ein optimaler Umgang?

„Das Allgemeine und Besondere fallen zusammen: Das Besondere ist das Allgemeine, unter verschiedenen Bedingungen erscheinend.“ Dieser Satz wurde vor bald 200 Jahren formuliert, von Goethe, in seinem Spätwerk Wilhelm Meisters Wanderjahre. Damals nutzte Goethe den Satz mehr im Zusammenhang mit einem von ihm aufgestellten Gleichnisses: Außergewöhnliche Dinge existieren nur wegen jenen, die allgegenwärtig sind. Eine Symbiose, wie Ying und Yang, Erschaffen und Zerstören, Leben und Tod, Freude und Leid.

Und das besondere an solcher tiefgründigen Literatur ist, dass der Leser, abgesehen vom allgemeinen Konsens, in jeder Passage seine eigene Bedeutung entdecken kann. Es verhält sich beim Lesen wie mit der ursprünglichen Bedeutung des Textes, das Besondere ist das Allgemeine unter besonderen Umständen.

So könnte man Goethes Worte auch auf den Menschen anwenden. Die Interpretation kann diesbezüglich in viele Richtungen gehen, in diesem Beispiel soll sie aber in Zusammenhang mit einem bestimmten Teil unseres menschlichen Gefüges gesehen werden: den vulnerablen Gruppen in unserer Gesellschaft. Personen, die Teil solcher Gruppen sind, sind auch ein ganz selbstverständlicher Teil unseres gesellschaftlichen Systems, des Allgemeinen. Aber durch verschiedene Bedingungen und Umstände werden sie Besonders, und erfordern einen besonderen Umgang. Eine Behandlung, die etwas vom Allgemeinen abweicht. Und das ist vor allem in einer Zeit wichtig, die selbst weit von dem entfernt ist, was wir als allgemein normal beschreiben würden.

Die Frage nach der Vulnerabilität

Aber zuerst einmal: Was sind vulnerable Gruppen? Der Begriff Vulnerabilität bedeutet so viel wie „Verwundbarkeit“ oder „Verletzbarkeit“. Eine vulnerable Gruppe ist dementsprechend eine Gruppe Personen, die verletzlicher oder mehr gefährdet sind als andere. Im Zusammenhang mit der aktuellen Covid 19 Pandemie hat hierfür ein anderes Wort zu traurigem Ruhm in unserem Sprachgebrauch gefunden: Risikogruppen. Selten hat man dieses Wort so oft gelesen oder gehört wie in den letzten sechs Monaten.

Senioren, Körperlich und, oder, geistig eingeschränkte Personen, Personen mit psychischen Störungen, Personen mit Suchterkrankungen, Obdachlose und Schwangere Frauen. Das sind für gewöhnlich solche vulnerablen Gruppen. Selbstverständlich sind nun manche Gruppen in Bezug auf die weltweite Pandemie teils mehr, und teils weniger in Gefahr. Mitte Mai dieses Jahres, während des bisherigen Höhepunkts der Pandemie, gab das Robert Koch Institut eine Liste heraus, auf der aufgeführt wird wer in Bezug auf Covid als Risikogruppe gilt.

Durch die Folgen des Virus sind es vor allem ältere Menschen und solche, die unter Vorerkrankungen, wie Immunschwächen oder Lungenkrankheiten leiden, die besonders gefährdet sind. Aber das sind nur die Risikogruppen, die wirklich durch den Virus als solchen unter größerer Gefahr stehen. Soll heißen, bei ihnen würde sich eine Infektion drastischer auswirken als bei anderen Menschen. Bei einer jungen Person ohne Vorerkrankungen, ist die Gefahr einer lebensbedrohlichen Krankheitsentwicklung längst nicht so groß.

Nun ist es aber so, dass die anderen Risikogruppen, wie psychisch Erkrankte, oder auch Geflüchtete (die ebenfalls durch das Leben auf engem Raum, und mangelhafte Hygiene in Lagern von einer Ansteckung mehr bedroht sind), ebenfalls erheblich durch den Virus betroffen sind. Auf indirekte Weise, aber dennoch drastisch. Denn durch die verordneten Einschränkungen auf das öffentliche Leben, sind diese Gruppen mehr betroffen als der Durchschnittsbürger Deutschlands.

Durch das sogenannte „Social Distancing“ werden zum Beispiel depressive Menschen von ihren Kontaktpersonen abgeschnitten, Obdachlose können durch den wenigen Verkehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln nun weniger Geld sammeln, oder körperlich Beeinträchtigte, die sich ohne Hilfe nicht im freien bewegen können, fehlt der Besuch. Das sind nur ein paar der vielen Beispiele, die man bei den Auswirkungen der Verhaltens- und Hygieneregeln bedenken muss.

Genug Berichterstattung?

Da sich die Maßnahmen also besonders auf vulnerable Gruppen auswirkt, ist es nun auch wichtig, dass über sie im besonderen Maße berichtet wird. Den vulnerablen Gruppen muss die eine Plattform gegeben sein, damit sie im Bewusstsein der Menschen bleiben, die gerade in solchen, für jeden einzelnen belastenden, Zeiten, hauptsächlich mit dich selbst beschäftigt sind. Und diese Plattform zu bieten, ist selbstverständlich die Aufgabe der Medien. Es geht um Menschenleben, daher muss es eine gerechte Berichterstattung über die Probleme der Menschen geben.

Das gute ist, diese Berichterstattung findet statt, und zwar auf fast allen Medien, in einem erstaunlicherweise recht ähnlichem Umfang. Während Medien aus dem eher linken Spektrum, wie zum Beispiel die Tageszeitung (Taz), in ihrer Berichterstattung oft vulnerable Gruppen einbezieht, kommen diese in eher konservativen Medien zwar im Durchschnitt etwas weniger vor, aber dennoch in einem angemessenen Rahmen. Oft werden die erwähnten vulnerablen Gruppen auf Senioren beschränkt. Junge Menschen mit Behinderungen werden weniger erwähnt, auch wenn diese mitunter ähnlich gefährdet sind wie Senioren.

Aber zurück zu den Fakten. Wenn man auf der Onlineausgabe der Taz, im Zeitraum vom 01.02.2020 bis zum 01.07.2020 nach dem Schlagwort „Risikogruppe“ sucht, findet der Leser 266 Treffer. Das sind also ungefähr ein bis zwei Artikel mit diesem Schlagwort pro Tag. Macht man nun dasselbe bei der Suchfunktion FAZ, so bekommt man 197 Artikel, was mindestens einen Artikel pro Tag ergibt. Etwas weniger, aber immer noch tägliche Berichterstattung über vulnerable Gruppen.

Berichterstattung ist also da, und das ist wichtig. Aber wie sollte diese aussehen? Wie behandelt man vulnerable Gruppen in journalistischen Inhalten am besten? Das sind Fragen, die es zu klären gibt, bevor man sich das Material genau ansieht.

Eine optimale Behandlung

Vulnerable Gruppen benötigen in den Medien Visibilität und Objektivität. Die Medien sollten den Respekt für die Vielfalt der verschiedenen Gruppen fördern. Anstatt negative Stereotypen gegenüber der Gruppe zu fördern (falsche Konzepte zu verwenden, die soziale Isolation der Gruppe zu legitimieren und die Diskriminierung der betroffenen Menschen zu fördern), können Medien eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Bedürfnisse der vulnerablen Gruppe, und der Vertiefung des Bewusstseins für Menschenrechte und Gerechtigkeit spielen. Auf diese Weise würden sie zu mehr Gleichstellung und zur sozialen Integration von vulnerablen Menschen beitragen.

Wenn dies erreicht werden soll, ist klar, dass mehr als ein Ethikkodex erforderlich ist. Jedes allgemeine ethische Prinzip erfordert zusätzliches Verständnis, Fachwissen, Können und Unterstützung, um effektiv angewendet zu werden. Und um die Behandlung der schutzbedürftigen Personen wirksam zu steuern, erfordern dies auch den aktuellen journalistischen Kodex. Schließlich sollen die vulnerablen Gruppen am Ende auch nicht durch die Berichterstattung ausgebeutet werden ihre Situation verzerrt werden.

Visibilität ist in solchen Zeiten auch nicht zuletzt aus monetären Gründen enorm wichtig. Dies mag für die meisten vulnerablen Gruppen zwar nicht direkt zutreffen, da sie ausreichend abgesichert sind, aber für Geflüchtete Beispielsweise, oder auch Obdachlose Menschen, ist es wichtig im Bild zu bleiben. Spendengelder sind gerade jetzt wichtig. Die Flüchtlingshilfe der Vereinten Nationen berechnete kürzlich, dass zusätzliche 745 Millionen Dollar benötigt werden, um die Hygiene-Maßnahmen auch in den Flüchtlingscamps durchzusetzen. Ein selbstverständlicher Zugang zu Masken und Desinfektionsmittel wie wir ihn kennen, ist in chaotischen Flüchtlingslagern wie Moria in Griechenland alles andere als so selbstverständlich.

Und wie ist nun die Lage in Deutschland? Im Grunde zufriedenstellend. Es findet ausreichend Berichterstattung über vulnerable Gruppen statt, wenn auch nicht in gleichem Ausmaße für jeden. Der Ton der Artikel ist stets in einem gerechten, informativen Ton gehalten. Es liegt während der Corona-Krise eine große Verantwortung auf den Medien, denn durch die Krise werden die Leute wieder mehr zurück in den klassischen Journalismus geleitet, um täglich informiert zu sein. Mit Fakten aus sicheren Quellen. Die Medien werden dieser Verantwortung gerecht.

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